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Kurz vor dem Start – mit „Herz und Leidenschaft zum Klassenerhalt“

Kurz vor dem Start – mit „Herz und Leidenschaft zum Klassenerhalt“

 

Wenn am Wochenende die ersten Spiele der Regionalliga Nordrhein der Frauen angepfiffen werden, dann beginnt eine Premierensaison für insgesamt zwölf Teams aus dem Mittel- und Niederrhein. Der Zusammenschluss der beiden Oberligen, die weiterhin unterhalb der neuen Liga existent bleiben, soll für eine höhere Attraktivität bei den Spielen sorgen und die Lücke zur 3. Bundesliga verkleinern, die in den letzten Jahren entstanden ist. Auch die 1. Damen des Neusser HV qualifizierten sich in der abgelaufenen Oberligasaison als Siebtplazierte für die Spielklasse. Und das, obwohl für die heimischen Handballerinnen nur der Klassenerhalt als Saisonziel ausgegeben wurde. Isabel Kaphahn (19), Neuzugang von der JSG TVK/ ART, Torwart-„Urgestein“ Julia Sorg (23) und Trainer Christian Hentschel, beantworteten uns die wichtigsten Fragen zur neuen Saison, in einem kleinen Interview vor dem Saisoneröffnungsspiel in fremder Halle.

 

Die Vorbereitung endet am Wochenende mit dem ersten Saisonspiel beim SV Straelen (Sonntag, 17.30 Uhr). Fast drei Monate habt ihr miteinander verbracht. Was macht man bitte in zwölf Wochen Vorbereitung? Und wie gut „vorbereitet“ fühlt ihr euch letztlich?

 

Isabel: Eigentlich ging die Vorbereitungszeit sogar echt schnell rum. Nur während der ersten Phase, in der wir schier endlos gelaufen sind und kaum den Handball gesehen haben, war ich froh, als diese vorbeiging. Danach mussten wir drei Wochen selbständig trainieren und die zweite Phase, mit Trainingslager und Testspielen, ging rasend schnell vorbei.  Letztlich hat es aber genutzt und ich fühle mich fit. Auch das Zusammenspiel mit den anderen wird immer besser!

 

Julia: Schwitzen, fluchen, lachen – es kam alles in den drei Monaten zusammen. Christian hat ja in diesem Jahr Verstärkung mit Petra im Bereich Athletik. Ein teuflisches Bündnis, denn die Beiden schienen Spaß daran zu haben uns an die Grenzen zu bringen und das Ziel war wohl – der Schweiß muss in Strömen fließen! (lacht) Vor allem bei den Intervalleinheiten war dann das Fluchen an vorderster Stelle oder die Überlegung hinzufallen, liegenzubleiben, einfach nicht mehr laufen zu müssen (grinst)… Danach war man aber auch stolz und zufrieden, dass man sich immer wieder überwunden hat! Und zu guter Letzt – und das macht uns aus – der Spaß ging trotzdem nicht verloren. Wenn uns mal im Training die Luft fehlte, dann haben wir das abends halt nachgeholt und sind so gemeinsam gut durch die Vorbereitung gekommen. Jetzt herrscht eine große Vorfreude auf das erste Saisonspiel! Es kann losgehen, ich fühle mich bereit!   

 

Und wie zufrieden ist der Trainer mit dem Einsatz und den Leistungen der Mädels, Christian?

 

Christian: Mit dem Einsatz und den Fleiß der Mädels –absolut zufrieden! Die erste Phase war wirklich lange und, das glauben die Mädels mir nur nie, hat auch mich mitleiden lassen… (grinst) Im Ernst – es war eine besonders intensive Phase, in die wir fitter gestartet sind als noch in die letzte Saison. Insgesamt war die Vorbereitung für mich als Trainer aber auch eine der schwierigsten überhaupt. Vor allem die Belastungssteuerung war eine echte Herausforderung. Urlaub, Arbeit und alte Blessuren. Da galt es einzelne nicht zu überfordern und andere noch genügend zu fordern. Aber wir haben das gemeinsam wieder gut gemeistert und noch einmal deutliche Verbesserungen in den verschiedenen Bereichen der Athletik erzielen können. Wobei hier mein Dank Petra Berlt und Clever Fit gilt, die den Mädels tolle Voraussetzungen bieten und eine hochprofessionelle Betreuung! Spielerisch sind wir ebenfalls auf dem Weg, unsere Entwicklung aus dem letzten Jahr fortzusetzen und haben dafür die Testspiele ausgiebig genutzt, um noch einmal verschiedenste Konstellationen auszuprobieren. Wir sind – wie es Jule bereits sagte – heiß auf die Saison und können uns sicher sein, dass wir auch fit und bereit sind!   

 

Isabel, du bist der einzige echte Neuzugang in dieser Saison. Kannst du uns erzählen, warum du dich für Neuss entschieden hast und wie dich das Team aufgenommen hat?

 

Isabel: Ganz einfach – ich hatte hier das beste Gefühl, mich weiterentwickeln zu können. Das Team war genauso wichtig – und hier spielt ein echt verschworener Haufen zusammen, bei dem auch nie der Spaß zu kurz kommt. Mir als „Neue“ hat es die Mannschaft leicht gemacht einzufinden und mich schnell wohlzufühlen. Dafür ein großes Dankeschön!

 

Nur ein Neuzugang aber mit zwei Teams in höheren Spielklassen. Insgesamt sind es drei Wettbewerbe, die ihr mit „zwei Teams“ – insgesamt 28 Spielerinnen bei der weiblichen A und den Seniorinnen – bewältigen müsst. Wie wollt ihr diese Herausforderungen meistern – alleine kräftemäßig – und was erwartet ihr von euren Mitspielerinnen aus den verschiedenen Teams?

 

Julia: Als Torhüterin, die altersmäßig nicht mehr beliebig in mehreren Teams spielen kann, bin ich eher nicht betroffen. Anders unsere Feldspielerinnen, für die das ein echter Kraftakt wird. Aber wir kennen das bei den 1. Damen seit Jahren nicht anders und das hat uns auch zusammengeschweißt. Ich denke, es wird auch allen helfen, wenn wir uns gegenseitig bestmöglich unterstützen, auch von der Tribüne aus und Rücksicht nehmen, damit nicht immer die Gleichen die Knochen hinhalten müssen. Dann haben wir eine echte Chance das bestmögliche Ergebnis für alle Teams herauszuholen und trotzdem gesund zu bleiben…

 

Isabel: Wir sollten gut und ständig miteinander in Kontakt bleiben, um für mögliche Probleme schon im Voraus eine Lösung zu haben. Es wird auf jeden Fall auch in dieser Hinsicht spannend. Andererseits – am Ende wird sich kaum jemand über zu wenig Spielpraxis beklagen können und die ist für die Entwicklung ja wichtig. (schmunzelt)  

 

Christian, der geringe Zulauf aus anderen Teams, ist ein echtes Problem für euch, oder? Warum glaubst du, traut sich niemand nach Neuss?

 

Christian: Es gibt keinen rationalen Grund! Die Trainingsvoraussetzungen, vor allem seit dem Umzug der 1. Herren, sind richtig gut. Wir entwickeln stetig die Möglichkeiten weiter. Das Paket aus Trainern, Mitspielerinnen und Rahmenbedingungen, ist absolut konkurrenzfähig. Aber es gibt wohl immer noch Vorbehalte – gegenüber dem Verein, dem Umfeld, vielleicht auch dem Team der 1. Damen. Besonders Letzteres kann ich aber überhaupt nicht verstehen! Auf dem Feld sind die Mädels zwar Teufelinnen aber abseits des Feldes eine richtig gut funktionierende Einheit, auch über Teamgrenzen hinweg. Ich kann nur jeder jungen und talentierten Spielerin, die nicht direkt den Sprung in höhere Spielklassen schafft oder in einem der Leistungszentren einen Platz findet, anbieten, sich unsere Möglichkeiten und unsere Arbeit anzuschauen!

 

Niemand kann so richtig einschätzen, was auf die Teams in der neuen Liga an Überraschungen wartet. Was erwartet ihr von euch und der Liga? Wer ist für euch Favorit auf den Aufstieg und wer könnte das Überraschungsteam der Saison werden?

 

Isabel: Klar möchten wir am Ende den Klassenerhalt feiern. Aber wir werden auch in jedes Spiel gehen, um zu gewinnen, werden uns nicht verstecken, weil es keinen Grund dafür gibt! Zum Favoritenkreis zähle ich Düsseldorf, Lank und Bonn. Dahinter wird es spannend und besonders gespannt bin ich auf die Duelle gegen die Teams aus dem HVM, die wir nicht so gut kennen.

 

Julia: Es wird wohl in den meisten Spielen enger zugehen, als noch in der Oberliga. Bonn sehe ich momentan am Stärksten. Wir gehen als Außenseiter in die Saison aber wir haben auch schon in der vergangenen Spielzeit gezeigt, dass wir Potenzial haben und dieses entwickeln können.

 

Christian: Herz und Leidenschaft. Vertrauen und Ehrlichkeit. In jedem Spiel und in jeder Trainingseinheit! Das wäre eine gute Basis, um in jedem Spiel die Chance auf einen Sieg suchen zu können. Je besser uns das gelingt, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir am Ende auch mit sportlichem Erfolg belohnt werden. Ich vertraue meinen Mädels und glaube an ihre Möglichkeiten, auch in diesem Jahr den Klassenerhalt zu erreichen! Düsseldorf ist wohl der große Favorit in diesem Jahr. Sie haben viel investiert ins Team und die Vorbereitung. Damit wächst aber auch der Druck. Weitere Favoriten sind nicht auszumachen, wohl aber lauter gute Teams, zu denen ich uns auch zähle, wenngleich wir als Außenseiter starten. Eine Rolle, die wir kennen und mögen! Strombach, mit Neu-Trainerin Meike Neitsch, die ich sehr schätze, kann für Überraschungen auch gegen die „Großen“ sorgen.

 

Die Verbände hoffen auf eine höhere Qualität, eine Entwicklung zu mehr Professionalität in den Vereinen und Teams und auf eine größere Zuschauerresonanz. Teilt ihr diese Hoffnungen?

 

Julia: Ja, das teile ich so.

Isabel: Das wäre schön, ja!

Christian: Es wäre schön… Sportlich? Absolut! Größere Zuschauerresonanz? Vielleicht. Professioneller? Alleine die erneute Posse um die Harz-Nutzung, lässt mich zweifeln. Bei einem Drittel der Spiele werden wir wieder keine gleichen Wettbewerbsbedingungen vorfinden. Man stelle sich Fußballspiele auf Rasen, mal mit und mal ohne Stollenschuhe vor – in der 4. Liga. Unmöglich! Der Sport verliert an Attraktivität, wenn es keine einheitliche Regelung innerhalb einer Liga gibt …  

 

Vielen Dank, dass ihr euch Zeit genommen und so ehrlich geantwortet habt!