Auf ein Wort – Abschied aus dem Vorstand

Nach sechs Jahren Vorstandsarbeit lege ich schweren Herzens und persönlichen Gründen mein Amt als Geschäftsführer und stellvertretender Vorsitzender zum Jahresende nieder.

Die gegenwärtige Gesamtsituation für den Handballsport und den Neusser Handballverein e.V. erfordert m.E. ein konsequentes und hartes Eintreten insbesondere für die Vertretung der sportlichen und wirtschaftlichen Interessen des NHV gegenüber den Spitzen der Verwaltung.

Diesbezüglich gibt es unterschiedliche Auffassungen der Ausgestaltung. Meine Tätigkeit als Journalist und langjähriger Berichterstatter aus dem internationalen Hochleistungssport erlaubte mir tiefere Einblicke in die komplexen Hintergründe von Mäzenatentum, Sponsoring und verwaltungspolitischer Prozesse.

Daher bin ich der Auffassung, dass die Vertretung der Interessen von Kindern und Jugendlichen robust und unmißverständlich die Verantwortung für Missstände aufzeigen muss. Die Ignoranz der Verwaltung gegenüber den vorgetragenen Fakten darf m.E. nicht zum Vergessen und Verwässern führen.

Die finanziellen Fragen eines leistungsorientierten Handballangebots müssen mit Transparenz bearbeitet werden und erfordern aus meiner Sicht hinsichtlich des Überlebens eine breitere Basis in Verwaltung und Verein.

Als die Nachwehen der Insolvenzen der Betriebsgesellschaften des NHV – mit aus meiner Sicht fragwürdigem Label der Wikinger in Neuss – haben wir uns im Juni 2020 entschlossen einen angeschlagenen Verein zurückzuführen auf die Wurzeln dessen, was vor den Ausflügen in Gesellschaftskonstrukte und fremde Gefilde auf ferner Rheinseite den NHV ausgemacht hat. Schon damals habe ich eindeutig im Interview mit der Presse darauf hingewiesen, welch Kraftanstrengung und Disziplin aus meiner Sicht erforderlich sein wird, die Krisen für den Verein zu überwinden. Hier geht zum Artikel aus 2020

Das Jahresbudget des Neusser Handballverein e.V. mit 4. Liga Betrieb und allen Altersklassen in höchsten Spielklassen wäre geringer als es die Monatszahlungen an einen ausgeuferten, maßlosen und unverschämten Personalstamm waren. Das Ungleichgewicht von Spielbetriebsgesellschaften und Vereinsbasis hat Vertrauen gekostet.

Die mangelnden Identifikation großer Teile des Vereins mit dieser Parallelwelt waren aus meiner Sicht nicht „ein typisches Problem der Neusser“ wie so oft von ehemals marktschreierisch aktiven Protagonisten kolportiert, sondern eine realitätsferne Entwicklung mit knallharten politischen, finanziellen und rein egoistischer Interessen einzelner Akteure und Parteien.

Im Nachgang mutet die Verwaltungsstruktur der ausgelagerten Betriebsgesellschaften mit Aufsichtsrat, Wirtschaftsbeirat, Geschäftsführer und Prokurist an, wie eine Kopie eines Championsleague Teams – diese Entwicklung wurde trotz Mahnung bzgl. fehlender Mitnahme der Basis vorangetrieben bis zum bitteren Ende.

Im Schatten dieses zweifelhaften Glanzes einer 2.Liga Mannschaft hat der NHV gelitten und zu viel seiner Identität als Neusser Verein aus der Mitte der Gesellschaft verloren.

Nach tieferem Verständnis der Zusammenhänge und Verknüpfungen der Handelnden ist man geneigt davon auszugehen, dass keine NHV Vereinsinteressen im Zentrum des Kalküls der Verantwortlichen standen. Absichtserklärungen, Verträge und Beschlüsse haben neben den finanziellen und politischen Hintergründen immer eine Parallelwelt zu gewachsenen Vereinsstrukturen und Ehrenamt abgebildet.

Wir haben zu dritt das Wagnis begonnen, dem Verein Leben einzuhauchen und wurden von Beginn an massiv behindert und einzig die großzügige finanzielle Hilfe Einzelner und das Vertrauen in den sportlichen Ansatz waren die Grundlagen für diesen Neustart.

Der Bruch mit dem Rhein-Kreis, der ursächlich in der tiefen Ablehnung einzelner sportferner Akteure begründet ist, hat das Ende des Leistungssport beim NHV aus meiner Einschätzung besiegelt.

Manches ist öffentlich und lässt den Schluss zu, dass der Begriff „Sportstadt“ bzw. „Leistungssportregion“ dehnbar ist.

Allzu leicht könnte man dem Narrativ folgen, dass vor allem die Stadt Neuss die Rahmenbedingungen für den Handballsport zu stellen hätte.

Dies würde die aus meiner Sicht moralische und gesellschaftliche Verpflichtung des Rhein-Kreis außer Acht lassen. So wenig wie es der NHV ohne finanzielle Unterstützung Einzelner geschafft hätte wäre es ohne das Hammfeld nie zum Leistungssport unter dem Dach des NHV gekommen.

Fallen beide Hauptsäulen gleichzeitig ist das System Leistungshandball aus meiner Sicht nicht mehr standfähig.

Nach vielen Jahren zäher und zeitaufwändiger Arbeit hinter den Kulissen ist die mangelnde Zeit für Familie und Job und das Einstecken von Unhöflichkeiten, Anmaßungen, Belastungen oder Verlusten an einem Punkt angelangt, der ehrenamtlich aus meiner Sicht nicht mehr vertretbar ist.

Die Vereinsinteressen verbieten nach Diskussion im engeren Rahmen ein Eintreten für die Sache mit robusterem Mandat und transparenter Analysen, die aus meiner Sicht vonnöten wären. Es wurden unverhohlen Drohungen in der Vergangenheit ausgesprochen, die uns zu diesem Schluss haben kommen lassen und in der Vergangenheit zu meinem Rücktritt als Vereinsvorsitzender führten.

Systematische Veränderungen im Sinne des leistungsorientierten Handballsports und vor allem des perspektivischen Angebots für Kinder und Jugendliche erfordern m.E. Zuweisungen und Justierung von Verantwortung jenseits von Partei- und Wirtschaftsinteressen – dies mit entsprechender Transparenz.

Mir fällt dieser Abschied schwer und im Rheinland oft zitiert:

„Sieh, ich weine auch,
Tränen sind wie Rauch,
Sie vergehn, dieser Käfig macht mich tot.

Niemals geht man so ganz“
Text Hans-juergen Fritz / Gertrud Herr

Mit Herz und Verstand
für den Handballsport und den NHV

Martin Eggert, Geschäftsführer Neusser Handballverein e.V. im November 2022

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